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Dienstag 27. April 2004, Yahoo-Nachrichten
Niederländische Gemeinden gegen Verschärfung der Drogengesetze

Amsterdam (AP)
Die niederländischen Städte und Gemeinden haben sich gegen einen Regierungsvorstoß zur Verschärfung der Drogengesetze ausgesprochen. Das konservative Kabinett von Ministerpräsident Jan Peter Balkenende hatte vorgeschlagen, die Zahl der so genannten Coffee Shops, in denen Marihuana verkauft wird, zu verringern und den Verkauf von Cannabis an Touristen im Grenzgebiet zu verbieten. Die Vereinigung der niederländischen Gemeinden erklärte dazu am Dienstag, das Vorhaben gefährde eine seit Jahren erfolgreiche Drogenkontrolle.

Das Kabinett hatte am Freitag zwar eingeräumt, dass die seit langem geübte tolerante Praxis nicht zu einem höheren Marihuana-Verbrauch geführt habe. Dennoch gebe der zu beobachtende starke Anstieg im THC-Gehalt und das Verhältnis von Cannabis-Konsumenten und psychischen Störungen Anlass zur Sorge. Dem niederländischen Institut für geistige Gesundheit und Sucht zufolge hat sich der Gehalt der psychoaktiven Chemikalie Tetrahydrocannabinol (THC) in Marihuana in drei Jahren auf 18 Prozent verdoppelt.

Nach den Plänen der Regierung soll der Verkauf an Touristen in Maastricht an der Grenze zu Deutschland und Belgien verboten werden. In einer gemeinsamen Erklärung von 483 Gemeinden hieß es, derartige Maßnahmen trieben das Geschäft mit Marihuana in den Untergrund.

In den Niederlanden gibt es rund 780 Coffee Shops, die Hälfte von ihnen in Amsterdam, Rotterdam und Den Haag. Etwa 80 Prozent der Gemeinden lassen keine Coffee Shops zu.




22. April 2004, Neue Zürcher Zeitung
Cannabis im Visier Den Haags
Ein Teil des Kabinetts liebäugelt mit einem Verbot

Weiche Drogen sind der niederländischen Regierung ein Dorn im Auge. Seit Jahren müssen sich die Politiker bei ihren europäischen Kollegen für die Drogenpolitik rechtfertigen. Die Mitte-Rechts-Regierung hat nun eine Möglichkeit gefunden, um der Duldungspolitik ein Ende zu setzen. Die Gemeinden wollten davon nichts wissen.

Der christlichdemokratische Justizminister Donner und der liberale Gesundheitsminister Hoogervorst haben jüngst mit ihrem sogenannten Cannabis-Brief in ein Wespennest gestochen. Der Nederwiet, wie die in den Niederlanden gezüchtete Marihuana-Variante genannt wird, sei in den letzten Jahren viel zu stark geworden, argumentieren die beiden Minister. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen primär die hohen Werte von Tetrahydrocannabinol (THC), das beim Konsum von Marihuana in den menschlichen Körper und ins Gehirn gelangt. Untersuchungen haben hervorgebracht, dass sich der THC-Gehalt der niederländischen Produkte in den vergangenen Jahren beinahe verdoppelt hat. Die verantwortlichen Minister wollen nun der Frage nachgehen, ob ein hoher THC-Gehalt zu ernsthaften Gesundheitsschäden führen kann. Sollte sich diese Vermutung bestätigen, will Den Haag die weiche Droge von der sogenannten Liste 2 streichen und auf die Liste 1 setzen.

Im Umfeld der harten Drogen
Im Klartext kommt dies einem Verbot für die weiche Droge mit einem hohen THC-Gehalt gleich, weil sich auf der Liste 1 des Opiumgesetzes ausschliesslich harte Drogen wie Heroin, Kokain und XTC befinden. Der Liberale Hoogervorst befürwortet zwar grundsätzlich nach wie vor die klare Trennung zwischen weichen und harten Drogen. Demgegenüber findet Justizminister Donner, die mit dieser Politik erzielten Resultate seien unbefriedigend. Dieser Standpunkt ist freilich keine Überraschung. Dass sich primär die christlichdemokratischen Politiker mit der Duldung von weichen Drogen - sie sind laut Strafgesetzbuch im Prinzip nach wie vor verboten - schwer tun, ist nichts Neues.

Bereits während der achtjährigen Zeit als Oppositionspartei hatten die Christlichdemokraten für die pragmatische und progressive Haager Drogenpolitik nicht viel übrig. So hat die CDA als grösste Partei bei der Festlegung des Koalitionsvertrags durchgesetzt, dass die Zahl der Coffee-Shops in direkter Umgebung von Schulen und im Grenzgebiet stark verringert werden muss. Justizminister Donner hat im Weiteren seinen EU- Kollegen bereits im November versprochen, entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Seinen deutschen Amtskollegen Schily beruhigte er mit der Aussicht, er werde prüfen, ob künftig in den Coffee-Shops der Pass oder die Identitätskarte der Konsumenten verlangt werden könne. Damit will Donner primär dem Drogentourismus im Grenzgebiet mit Deutschland entgegentreten.

Gemeinden für Legalisierung
Die Pläne der beiden Minister stossen nicht nur bei der dritten Regierungspartei, bei der progressiv-liberalen D66, auf Widerstand. Da die Drogenpolitik in erster Linie eine Angelegenheit der Gemeinden selbst ist, widersetzen sich auch viele Lokalpolitiker den Plänen. In der Hauptstadt Amsterdam sind sämtliche Parteien von links bis rechts gegen den neuen harten Kurs Den Haags, mit der einzigen Ausnahme der Christlichdemokraten. Der Amsterdamer Gemeinderat beziehungsweise die Legislative hat sich als Reaktion auf die Pläne für eine vollständige Legalisierung weicher Drogen ausgesprochen. Dieses Vorgehen sei notwendig, um die Produktion weicher Drogen endlich aus dem kriminellen Kreislauf zu holen, heisst es in einem Manifest. Durch die Legalisierung könne die Kontrolle der Volksgesundheit verbessert und der Kriminalität entgegengetreten werden. Die Stadt Amsterdam hat die anderen Gemeinden, die den Vorschlägen Den Haags nichts abgewinnen können, zur Unterstützung aufgerufen, und es scheint, dass der Aufruf mehrheitlich positiv aufgenommen wird.

Ein wirtschaftlicher Faktor
Dass sich viele Lokalpolitiker für eine Legalisierung aussprechen, liegt primär in der in den letzten Jahrzehnten verfolgten Duldungspolitik. Der Verkauf und der Genuss von Cannabis werden bis zu fünf Gramm pro Person toleriert; Coffee- Shops dürfen jedoch nicht mehr als ein halbes Kilogramm lagern. Und genau hier liegt das Problem. Der Vorrat ist in der Regel bereits nach 100 Kunden aufgebraucht. Diese Politik treibt folglich die Branche in die Illegalität - und das Wort Branche ist ohne Zweifel das richtige Wort für das Geschäft mit Marihuana. Die Haager Politiker hören dies zwar nicht gerne, Tatsache ist aber, dass der Jahresumsatz bei weit mehr als 600 Millionen Euro liegen dürfte. Bezahlt wird übrigens auch Lohn- und Umsatzsteuer. Alleine in den Coffee- Shops selbst dürften gegen 20 000 Personen tätig sein, und die Zahl der Züchter wird auf mehr als 50 000 beziffert. Rechnet man die Personen im Zwischenhandel hinzu sowie jene, die die richtige Ausrüstung zum Züchten verkaufen, dürfte die Branche gegen 100 000 Personen beschäftigen. Da das Geschäft nicht legal ist, handelt es sich bei diesen Zahlen allerdings lediglich um Schätzungen.